
Simon Söhngen |
Text 5.2
Jonathan war sich sicher,
wer auf ihn zielte. Er hatte sich auf Anja festgelegt. Doch konnte er dies,
was er als Tatsache betrachtete, der Polizei beweisen? Was würde der
Polizist, dem er von diesem Anschlag zu berichten gedachte, wohl dazu sagen,
wenn er als Beweis anbrachte, dass er ja schließlich ihr Parfüm kannte und
es von daher für ihn ein leichtes sei, es von anderen zu unterscheiden.
Woher sollte ein Polizist wissen, was er roch und was nicht? War er in der
Beweispflicht oder mußte Anja in einem zu erwartendem Prozess ihre Unschuld
beweisen?
Der Schuss krachte.
Jonathan dachte an das wohl letzte Frühstück in seinem noch jungen Leben,
seine zwei Brote, eines mit Käse und eines mit Wurst. Die geometrischen
Formen, die seinem Leben einen gewissen Halt gaben und an sein Rädchen
Salami in der Ecke des einen Brotes. Irgendwie stimmte da doch etwas nicht,
nur vermochte Jonathan in diesem Augenblick nicht zu entscheiden, was es
war! Das Rädchen, die Geometrie oder doch etwas gänzlich anderes.
Die Kugel hatte wohl schon die Hälfte des Weges zurückgelegt.
Dieses verdammte Problem aus seinem Schachaboheft, was hätte Kasparov statt
des verhängnisvollen 32 Zuges, der Deep Junior die Möglichkeit gab seinen
weißen König zu bedrohen, machen können? Für Jonathan war diese, aus diesem
Fehler resultierende, Niederlage des Menschen gegen die Maschine ein herber
Schlag und zu gerne hätte er gewusst, wie die Maschine zu schlagen sei. Es
durfte nicht sein, dass der Mensch der Maschine unterliegt, nein, so durfte
es nicht enden.
Die Kugel war kurz davor in Jonathans Kopf einzudringen. |